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Gedicht "Tattoo" als Bild

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Staunen

Ich hätte nie gedacht,
dass ein Mensch
ein Teich sein kann
auf dem Lotusblüten wachsen.

 

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Mucksch

Am Comer See auf der Promenade
stapft ein kölner Ehemann neben seiner
kölner Ehefrau. Dauerschweigen. Sie japst:
„Bist schon wieder mucksch.
Die janze Zeit mucksch.“

„Mucksch, immerzu. Mucksch.“

„Bist schon wieder die janze Zeit mucksch.“
Am Comer See auf der Promenade
Mucksch.

 

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MINIATUR

Eine Erkundung

Die Frau sitzt auf einem hölzernen Stuhl, neben einem Herd, auf ihrem Schoß ein Kind, ein Junge von vielleicht drei Jahren.
Sein Blick durchwandert ihr Gesicht, streift eine hellblonde Haarsträhne, die geöffneten Augen, die nach innen sehen oder in eine nicht erkennbare Ferne – die Nase ist ein bisschen spitz, schmale Lippen und die Haut der Wange wie gezeichnet mit spitzem Blei, nein, wie gemalt mit feinem Pinsel auf Leinwand, der Junge, angezogen von einem kleinen Mal, aus dem zwei oder drei Härchen wachsen. Er hebt die kleine Hand, der Zeigefinger streckt sich, einem Fühler ähnlich, berührt vorsichtig Härchen und Mal.
Der Junge lacht, die Mutter wacht aus einem Tagtraum auf.

 

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Tatort: Gleich um die Ecke

Zeitsplitter häckseln Jahreszeiten
Schnittwund, dieser Frühling.
Ein Kauz ohne Obdach, ohne Flügel
Liegt frosttot in verwohntem Plastiksack.
Über ihm, ans Schaufenster gesprayt:
„Jetzt hat sichs ausgelungert!“

Eine Pfütze Sonnenlicht – fröstelt.

 

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Ja

Du lächelst
In meinem Gesicht.
Bist das Herzass
In meinem Ärmel.
Du lässt die Lachfalten
Blühen
Im linken Auge Herzdame
Im rechten Herzkönig.
Herzbube lacht sich vom Pferd.
Du lächelst
In meinem Gesicht.

 

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Berlin im Doppeldeckerbus

Eine Frau steigt ein, einen Hund im Arm.
Der Fahrer fordert Fahrgeld: „Auch für den Hund.“
„Ihr Kollege hat nie was genommen.“
„Warum?“
„Weil mein Hund so klein is.“
„Wo fängt kleen an. Wo hört groß uff?“

 

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Gestern

„Ich biete Ihnen das Du an.“
(Jetzt duze ich mich mit Wildfremd und nenne ihn beim Vornamen.)
„Jetzt bin ich einer von den Alle Welt-Duzern. Zu sich selbst sagen sie nicht mal: hallo. Warum auch, das ist ein Wort ohne Sinn.“
„Das macht nix. Andern die Birne zertreten ist –“
„auch ohne Sinn. Und mit ner Drohne wildfremde Leute bespitzeln.“
„Jagen und abknallen, ohne Gerichtsbeschluss, ist geil, Cowboy-Attitüde, grins.“
„Ist ohne Sinn. Ohne Verstand. Ohne Mitgefühl.“
„He, ich häng dich in den Rauchfang bis du dich Rauchfleisch nennst und genauso stinkst, Ötzi-like, cool.“
„Ich fremdele derzeit, sollten Sie wissen.“
Du, solltest du wissen. Wir haben uns bereits geduzt.“
„Ja. Gestern!“

 

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Ein duckmäuseriger Tag

Er war klein, sah aus, als wage er nicht, ein bisschen größer zu sein. In sich selbst versteckt, hockte er auf einem niedrigen, hockerähnlichen Gestell, vor dem Eingang eines Bio-Ladens.

Ein Kunde verließ den Laden mit einem Tablett, auf dem er einen Teller mit belegten Brötchen, Obst und einer Tasse Kaffee balancierte und setzte sich an einen Gartentisch vor dem Laden, den Rücken dem Bettler zugewandt, damit der nicht sah, dass er aß und trank, die Anwesenheit des Bettlers verdarb ihm den Appetit. Leicht mürrisch begann er zu essen.

Nach dem Essen stöberte er in einer Zeitung, faltete sie schließlich zusammen, trank einen letzten Schluck und trug das leere Geschirr in den Laden. Er nahm einen Einkaufskorb, suchte und fand das Regal mit Gemüse und Obst. Er füllte eine Papiertüte mit drei Möhren, zwei Äpfeln, drei Tomaten und ein paar Bananen und begab sich zur Kasse. Die Kassiererin wog die verschiedenen Produkte und tippte die Preise in die Kasse. Der Kunde überflog den Kassenzettel, zahlte, steckte alles zurück in die Tüte, ließ sie offen und verließ den Laden. Er steuerte direkt auf den Menschen auf dem niedrigen Hocker zu und gab dem Verblüfften die Tüte. Der Bettler nahm sie, eine – eine Explosion von Freude im Gesicht; der Geber hörte ihn hinter sich rufen: „Danke, danke! Danke!“ Und wenige Schritte weiter erfasste ein Feuerwerk der Freude das Gesicht des Gebers, seinen ganzen Körper.

Passanten starrten ihn an.

 

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Durch die Drehtür

aus dem Krankenhaus gedreht –
Frei – und in Sonne eingetaucht,
Bin selbst ein Strahl von ihr.

Ich reite auf einem alten Drahtesel.
Mein Körper hisst
Ein stummes Lachen,
Möwen lachen mit,
Büsche und Bäume
Streuen gelbe Blüten
Und Weiße auf den Weg

Und wildfremde Menschen
Grüßen mich
Als sei ich ein Jubelzwitschern
Der göttlichen Natur.

 

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In der Sanduhr

Die Lider sperrten sich, zögerlich nur gaben sie einen Spalt frei – Morgensonne pulsierte auf seinem Gesicht, sofort war er wach! Blick auf die Uhr, eine Stunde zu spät, er sprang aus dem Bett, hastete in den Flur und dann Sprint Richtung Dusche, – diesig – plötzlich, in seinem Kopf, er torkelte leicht, bis zur Toilette, dachte er, da kannst – du dich set – z

    Als er zu Bewusstsein kam, lag er auf dem Boden im Vorraum zur Dusche, über sich Besen- und Schrubberstiele und daneben ein umgekippter Eimer. Vorsichtig auf alle Viere, dann mit den Händen an der Wand sich hoch hievend bis er auf den Beinen stand, mit den Händen an der Wand lang, als hangele er sich, mühsam, mit Pausen, zurück ins Zimmer, fiel aufs Bett. Drehte sich zur Seite und bummerte mit beiden Fäusten gegen die Wand. Bis sein Nachbar im Türrahmen stand.
„Mir is hundeelend. Sag der Rezeption, sie sollen einen Notarzt rufen. Und informiere Klaus, ich komme nicht mit zur Wanderung.

    Klaus kam zu ihm, im Schlepptau ein Rezeptionist und ein Unfallrettungsteam. Der Arzt und die Ärztin sprachen Deutsch, er erklärte, er habe in einem deutschen Krankenhaus gearbeitet. Die beiden befragten ihn, was passiert sei und er berichtete, nicht ahnend, dass er den Hergang noch viele Male im Krankenhaus wiederholen müsste.

    Er wurde untersucht, dann auf einer Trage zum Rettungswagen transportiert, in dem das Team ihn zum Krankenhaus nach Como fuhr, um weitere Untersuchungen durchführen zu lassen, begleitet von einem deutschen Freund und dem Rezeptionisten als Übersetzer. Der war im Krankenhaus nötig und willkommen. Nach Ankunft bei der Notaufnahme gab der Arzt des Rettungswagens auf italienisch eine Zusammenfassung und wurde zum nächsten Notfall gerufen.

    Nach erneuter Untersuchung zweier Notärzte des Krankenhauses, wurde er, nach Sicherstellung von Pass und Krankenversicherungskarte, in einem Einbettzimmer untergebracht, weil kein anderes Bett frei war.

    Eine Nonne besuchte ihn, in Begleitung des Stationsarztes, beide sprachen weder Deutsch, noch Englisch oder Französisch. Der Rezeptionist übersetzte über den Umweg Englisch ins Italienische und umgekehrt und informierte die Nonne, dass der neue Patient Vegetarier sei. Sie war hager, trug ihr schwarzes Habit, sie war kein Ausbund von Freundlichkeit. Sie erschien ihm eine Demonstration stimmlicher Askese. Sie kannte nur zwei Modi, energisch, fast schneidend und hie und da erinnerte ihre Stimme an Steine kollern.

   Inzwischen war Mittag, er hatte Hunger, denn er war durch die Umstände ohne Frühstück geblieben. Ein Pfleger servierte das Essen. Als der Deckel über dem Teller gelüftet wurde, lag in der Mitte des Tellers etwas Reis, mit einem Schälchen wohl geformt und mit ein wenig Sauce künstlerisch bekleckert. Brokkoli, Spinat und ein Tellerchen Salat mit ein paar Oliven waren eine Fata Morgana, nur der Apfel als Nachtisch war echt. Er bat um ein Glas heißes Wasser.
   „Haben Sie Verstopfung?“
   „Nein. Das Wasser füllt wenigstens den Magen.“
   „Das ist nicht möglich, unsere Küche liegt in einem anderen Gebäude. Guten Appetit.“

    Am Nachmittag wurde er von einem Arzt zum Röntgen seines Schädels abgeholt. Danach gaben sich verschiedene Fachärzte und -ärztinnen die Klinke seines Zimmers in die Hand, aber es gab keinen Übersetzer mehr. Niemand sprach Deutsch, der Pfleger etwas Englisch, der Stationsarzt allerdings fließend Französisch. Die Krankenschwester auch ein wenig. Bis sie auftauchten freute er sich über jedes italienische Wort, dessen Sinn er zu verstehen glaubte. Er kramte in seinen Gehirnzellen nach lateinischen Überresten, mit wenig Erfolg.
Der Französisch sprechende Arzt hatte ein loses Mundwerk, schlug der Krankenschwester vor, den Alemanno zu heiraten und nach Köln zu ziehen, schließlich lebe dort ihre Schwester mit einem Alemanno zusammen, die könne sie beraten.
„Wie geht es Ihnen,“ fragte er den Deutschen.
„Gut.“
„Wann wurde Ihre Prostata untersucht?“
Der Deutsche fragte verstört:
„Meine Prostata? Noch nie.“
„Das können wir jetzt erledigen. Spart Zeit. Sie brauchen auf keinen Arzttermin zu warten und das Warten im Wartezimmer erübrigt sich hier. Es dauert nicht lange.“
„Wollen Sie damit sagen, meine Prostata hätte durch den Sturz Schaden genommen?“
Arzt und Schwester lachten. Der Alemanno überlegte:
„Es wurde weder Magen- noch Darmspiegelung gemacht, die Mandeln sind noch drin, der Blinddarm ebenfalls. Womit möchten Sie anfangen?“
Lachend verließen beide Weißkittel das Zimmer.

    Das Abendessen wurde gebracht. Ohne Wasser. Ohne Tee. Der Patient seufzte:
„Die Köche müssen Anhänger des Minimalismus sein.“

    Als es schließlich ruhig wurde, nervte ihn Geplapper auf dem Flur.
Er stand auf und schloss die Zimmertür. Das Geplapper war ausgesperrt. Ein oder zwei Minuten später stand die Tür wieder offen, er stand auf und schloss die Tür. Die Tür wurde geöffnet, er schloss die Tür, die Nonne trat auf und erklärte ihm pantomimisch, dass alle Türen offen sind. Sein Mund machte keine Ausnahme.
Zurück im Bett, entdeckte er über seinem Bett eine Zeichnung vom Kopf des Nazareners mit der Dornenkrone, daneben hängte an einer Schnur eine Klingel für Notfälle.
„Antwortet jemand, wenn man sie benutzt und falls ja, wer,“ rumorte es im Kopf des Alemanno.

    Die Tür wurde plötzlich geschlossen. Die Nonne begann im Flur zu beten, laut. Die Katholiken in den Zimmern sprachen jede Zeile nach. Als das Gebet beendet war, öffnete sich die Tür. Er hörte den Patienten vom Nebenzimmer stöhnen. Das Stöhnen folgte ihm in seinen Schlaf. Ihm träumte, er kämpfe gegen den Sog in einer Sanduhr.

    Sehr früh am Morgen, er lag auf der Seite, wurden seine Ohren wach – kein Stöhnen mehr aus dem Nebenzimmer. Er rollte sich auf den Rücken, die Lider klappten hoch, die Tür stand offen. Schlief der Nachbar, oder war er – aussortiert?
Der Alemanno fühlte sich ausgeruht.

  Irgendwann stand er wieder draußen und sah: Ein Mönch in einer Kutte überquerte die Straße, er war gut im Futter und sah aus, als sei er soeben einem Gemälde aus einem früheren Jahrhundert entkommen.
Der Deutsche blieb stehen, staunte:
„Was für ein Licht!“
Die Blüte dieses Tags öffnete sich ihm.

 

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Mamma, ich hab Angst

woher wissen die überhaupt, wann ich zwölf werde?
Mit die sind Militärs gemeint, die Schützen von Drohnen befehligen: „Zwölfjährige seien in militärfähigem Alter.“
Und: „Man muss das Gras mähen bevor es wächst.“*

Die Mutter würgt es in der Kehle, sie drückt den Jungen an sich. Tippt später dann in einer SMS an ihren Mann: Diese militärischen Sensenmänner wurden als Zwölfjährige offenbar übersehen. So ist ihr eigenes Leben heute ein schändlicher Beweis, dass ihr blutiger Befehl folgerichtig ist.

* Zitat eines Drohnen-Schützen

 

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Leises Fest

Der Augenblick rekelt den Geist
Fühlt den Raum, der Körper
Sich selbst.
Die Ohrmuscheln erinnern sich
An das Meer.

 

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Ohne Bedauern

Schmeicheleien
Berühren ihn nicht.
Kränkungen erwidert er nicht.
Ich hab ihm gesagt, ich bin froh
Dass meine Beine keine Wurzeln sind in der Erde.
Ich kann gehen. Ich kann überall sein.

Ich habe Wurzeln in Erde
Und Raum, ließ er mich wissen.
Ich brauch keine Beine.
Als meine Handflächen seine Rinde berührten
Zeigte er mir, wer er ist
Sog mich in seine –
Unsere
Unendliche Weite.

Aus der Anthologie „Denn unsichtbare Wurzeln wachsen

 

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Ein Bericht aus der Schil-dada-Hauptstadt

Grins & Grunz

Sie liefen sich nicht zufällig über den Weg, in Bussen gibt’s keinen Weg, nur einen Gang und der war vollgestopft mit Mänteln, aus denen große Flachköpfe mit Punkt- oder Glubschaugen und eingestanztem Dauergrinsen lugten, sie quetschten ihn auf einen leeren Sitz.
„Verzeihung,“ blubberte er. Die Frau, der er versehentlich zu nah gekommen war, grunzte.
„Wie bitte?“
Frau Grunz zeigte auf einen ihrer Jackenknöpfe: das war kein Smiley, ein schiefmäuliges Krätzley streckte ihm die Zunge raus.
Er versteckte sich hinter einer Zeitung, las – hä? – las, dass eine Sprachwissenschaftlerin geschrieben habe, Smileys bereicherten die Sprache. Ihr Sprachschatz muss wohl prekär genannt werden, wenn Smileys ihn bereichern, grollte er.
Wer weiß, vielleicht hat sie mit Smileys einen Song verfasst, der Hängelippeys korrigiert. Er kicherte.
„Mach die Frau neben dir nich an!“ schnarrte ein Grimmey, der in den Schraubstock aus lebenden Fletschgebisseys eingezwängt war.
„Ja, du! Hast du deinen Abstammungsnachweis bei dir?“ Das verschlug ihm die Sprache. Wär ich doch bloß zu Fuß gegangen, jammerte er stumm.
Und entdeckte auf der Stirn des Grimmey tätowierte Runen. Er schielte nach links, Frau Grunz tippte sofort auf einen anderen Jackenknopf, und ein Gruftey schmachtete ihn an. Da heulte er wie ne Sirene, der Busfahrer bremste scharf – die Türen, große Mäuler – sprangen auf und der Bus spuckte, sich übergebend, den lebenden Smiley-Sprachschatz aus.

 

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Kneipp-Kur

Sie geht zum Stehstammtisch, gleichgewichtsgestört.
Alkohol hat ihr das angetan, der ist ja auch männlich.
Sie unterbricht einen Gast: Du siehst aus, als würdest Du klugscheißen.
Dann sag mir ma, was Liebe is, gibt es sie überhaupt?

Liebe –
Er bricht ab. Neustart:
Wenn du liebst, weißt Du, dass es sie gibt.

 

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Bin in Deinem Zauber,

Mond,

Du leuchtest meine Trauer aus.
Mit deiner Sichel werden meine Augen
abgeschuppt – aus dem Stundenglas
Blühn die Minuten.
In deinem Zauber
Bin ich Mond.

 

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Sommer

Schweißperlen. Ein Konzert
Aus Farbtönen. Und Duftnoten
Aus Feldern und Gärten
Erschaffen bizarre Glückswelten
Des Geruchssinns.
Der Geruch als Sinn
Nicht als Frage.

 

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Darf ich dich etwas fragen?

Frag, frag nicht
ob du fragen darfst.
Frag mir halt
Ein Loch in den Bauch.

Ich stopf es wieder
Mit deiner Antwort.

Ooch, jetzt ist die Frage verflogen.

Sie wird dich wieder finden.

Ist das eine Drohung?

 

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Entronnen

Ein Baum nur, ein Baum
Ragt aus einem Nebelmaul
Und blüht vor sich hin.

 

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NEU  Das folgende Gedicht ist als Poster erschienen –
auf feinstem Papier gedruckt mit Bleibuchstaben auf einer alten Handpresse, signiert und nummeriert, in einer Auflage von 20 Ex – für Liebhaber.

 

Ein weißes

weises
weil unbeschriebenes Blatt
ohne Krakeleien, obwohl

im Obwohl sind deine Krakeleien
ungeschönt schön, verwirrend
entwirrt
von deiner Sonne
vergoldet in pulsierendem Spiel,
Licht, das mich atmet, leises
Brausen, in das du mich tunkst
wie ein Stück Brot

 

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Zaghaft

ungläubig
Die Augen reiben –
Das Licht bleibt,
Goldgelber Schmelz,
Wenn alt - und Kind sein
Sich in dir begegnen.

 

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Wo du wohnst

In einer Melodie
Im Glanz des Tags,
Im Schmunzeln,
Als du eingenickt,
Die Fühler eingezogen
Und alle Bajonette
Eingesargt –

Tapst ein Aufatmen
Durch deine Straße.

 

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Sieben

Das Zimmer, prallvoll Hitze. Köder zwar ausgelegt, aber kein Gedanke, der sich zu denken lohnt, wagt sich aus den Schlupflöchern. Mein Turteltäubchen nennt mich bereits Siebenschläfer. Klar, mit ihren Siebenmeilenstiefeln lebt sichs leicht auf großem Fuß.
„Wenn man dich so hört, könnte man meinen, wir seien nur um sieben Ecken verwandt.“
„Sieben, mal ist das Durchgefallene das Feine, mal wird es diffamiert als unbrauchbar. Wird man eigentlich zum Sieb gewählt? In freier Wahl? Und drängt sich einer auf als Sieber –“
„Der hat gleich was versiebt. Wie du, einer von den sieben Schwaben, die sind übrigens ersoffen.“
„Wie du, in Moselwein. Oho, jetzt geht sie auf Fliegenjagd – sieben auf einen Streich. Fliegenmörderin, sieben mal Fliegenblut an deiner Zeitungsklatsche.“
„Sei froh, es könnte deines sein. Du bist ausgesiebt, pack deine Siebensachen und verschwinde. Deine sieben fetten Jahre sind vorbei!“
„Guck in den Spiegel, Täubchen, deine sieben mageren schon lang!“

 

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© Uwe Helfrich