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Vorbehalt

Ob in Wirtschaft oder Politik,
ob eine am Pool oder wer mit nem Tick,
sie haben „nachhaltige Akzente gesetzt“.

Haben Sie schon mal „nachhaltige Akzente gesetzt“?

Was ein Akzent ist?
Vielleicht ein Rotweinfleck anstatt einer Krawatte oder ein Tattoo aus Lippenstift am Hals.
Oder ein Versprechen, ein Versprecher, nahe am Verbrechen.

„Nachhaltige Akzente“ – die Worte hallen nicht nach, die Akzente sind schon in gesetztem Alter aus dem Schwafelmund gekrochen.

Und ein Accent Graf ist kein nachhaltiges Blaublut.
Oder hat er Ihnen zugeraunt: „Ich bin so wild nach deinem Blaubeermund“?



                     *

 

Warum wirfst du den Kuli nicht weg?

Bist du verrückt?
Mag sein, er sieht aus wie ein Kuli,
aber er hat Gedichte geschrieben.



                     *

 

SPORT

Ein Fußball wehrt sich

Ein Herr der Fifa, hat einst, online, laut gedacht:
„Unsere Präventionsarbeit besteht darin, den Fußball wach zu rütteln … Der Fußball muss seine Naivität ablegen.“

Wir haben uns einen Fußball geangelt für ein Interview:
– Herr …, Entschuldigung, wie spricht man Ihren Namen aus?

– Nennen Sie mich einfach Viktor.

– Viktor, wir haben Sie soeben gerüttelt und geschüttelt, sind Sie jetzt wach?

– Ein Herr der Fifa? Und behauptet, der Fußball müsse wach gerüttelt werden? Er kann sich ja mal einen Fußballspielertritt verpassen lassen, dann ist er wach. Oder liegt im Koma.

Nicht der Fußball ist schuld, wenn ein Multi, der einen Verein sponsert, von einem Wett-Mafioso angequatscht wird. Was denn noch? Wenn eine Pfeife zum Schiedsrichter gekrönt wurde, trägt nicht der Fußball Schuld. Und wenn ein Fußballerfuß mit verklebten Hühneraugen beim Torschuss maß nimmt und verfehlt, Schuld hat wieder mal der Fußball.
Wir Fußbälle reichen demnächst Klage ein beim Schiedsgericht.

Wenn Fans Fußballspieler der eigenen Mannschaft anpöbeln, hat nicht der Fußball Schuld; auch nicht daran, dass die „Spitze“ des nationalen Fußballbundes anscheinend keine Nase hat, an die sie sich fassen könnte.



                     *

 

Jetzt

bauen sie Bakterien.
Und dann?
In ein paar Jahren
Erscheinen sie als solche –
Plage ohne Ende.



                     *

 

Second hand

Bei wem hat in den Gassen des Gehirns ein frischer Wind geweht und den Staub von der Asche verfilzten Denkens weggepustet?

Hat der Wind gar nicht, er hat beides gemischt und dann wurde die Komposition angepriesen als Instant Trunk, der selbst Tote aufweckt. Nur ein kleiner Junge rief: Tote können gar nicht trinken!

Das werden Wissenschaftler ihnen beibringen, tönte aus dem Pharma-Himmel die Moral. Die Pharma-Engel arbeiten bereits an einer Medizin aus menschlichem „Lebend-Gewebe“, Sehnen beispielsweise. Und Ärzte lassen Organe in anderen Menschen als Menschenmischung weiter leben, Arme in Reichen, Schwarze in Weißen, und Frauenherzen schlagen höher in einer Männerbrust.

Den kleinen Jungen gruselt es. Und sein Vater denkt, o je, ein großer Teil der Medikamente wird doch ausgeschieden.

Warum hat mir das niemand gesagt, bevor ich zur Welt gekommen bin, ich wäre bestimmt geblieben, wo ich war.

Was gesagt?

Dass ich irgendwann als Fragment weiter leben soll und ohne mein Bewusstsein. Da fällt mir ein, ich hab es irgendwo gelesen, dass z.B. der Empfänger einer Spenderleber Medikamente braucht, pro Jahr im Wert von 150.000 €. So kommt Freude auf im Pharma-Himmel.

Was Chirurgen-Mode alles möglich macht. Vielleicht trägt jemand bereits Menschenohren, die auf Mäuserücken gezüchtet wurden, ein mitfühlendes Herz aus dem Brustkorb eines Emigranten, und ein Auge sieht, dank einer geleasten Netzhaut. Nur das dritte Auge ist verpönt in Chirurgenkreisen, es gilt als Auge des Bewusstseins, man sähe ja damit vielleicht, was da angerichtet wurde.

Was mit solchen Texten angerichtet wird. Die Zahl der Organspenden ist drastisch gesunken.

Ja. Und der Vorstand der Stiftung Organtransplantation hat dazu gesagt: „Diese Situation ist unvertretbar.“ Dieser Satz ist unvertretbar. Sollen wir mehr Unfälle mit schwersten Körperverletzungen verursachen oder Harakiri verüben oder will der Vorstandsvorsitzende unsere Organe zwangsversteigern lassen? Es ist keine unterlassene Hilfeleistung, seine Organe behalten zu wollen.

Nun mal ganz ruhig. Organe werden erst entnommen, wenn Fachärzte Sie als gehirntot erklärt haben.

Kein Mensch wird als gehirntot erklärt, obwohl seine Argumentation das nahelegt. Mir scheint, gehirntot ist nicht tot. Ein Organ aus einer Leiche würde den Empfänger ja vergiften. Gehirntot. Erst kürzlich wurde in Rumänien ein Kind geboren, dessen Mutter seit drei Monaten gehirntot war.



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Zufall  oder  Von Fall zu Fall

Die BRSchilda ist – notgedrungen – an einem Rüstungskonzern beteiligt.
Wir haben dazu eine Umfrage gemacht:
„Meinen Sie, die Frauenquote wird die Rüstungsmännchen im Vorstand stoppen?“
„Gewiss doch. Die Merkeloreley demonstriert schon ne ganze Weile, dass sie die Hosen anhat. Und sie ist, nicht erst jetzt, an nem Rüstungskonzern beteiligt.“
„Da heißt es bald, die Regierung hat den Waffenverkauf steigern können. Klar doch, das is leicht als bester Kunde der eigenen Firma.“
„Ist aber auch dringlich. Panzer mit Besenstielen als Rohr-Ersatz –“
„Bleiben Sie beim Thema. Wie steht es mit der Frauenquote?“
„Die sitzt im Vorstand und Aufsichtsrat und strickt und häkelt Waffen. Und dazu die passenden Kinder aus Stahl.“
„Küß die Hand, gnädige Frau! Stimmt es, dass Ihr Mann zurücktritt?“
„Ja, und ich übernehme Vorstand- und Aufsichtsratsposten. Bei uns zu Haus hab ich schon immer die Aufsicht gehabt.“
Und sie demonstriert kokett ihren gusseisernen Hosenanzug.



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Beflügelt

Du hast vor Müdigkeit ganz kleine Augen.
Ab und zu klappen die Augendeckel zu, und
wenn sie unten bleiben, bleibt dir keine Wahl,
du musst nach innen sehen: eingefrorene Gedichte,
du taust sie auf – es wachsen ihnen Flügel. Sogleich
findet ein Erfinder die Pegasus-Geflügelschere.



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Rufmord

Ein Schwein klagte Haben des Rufmordes an.
Er habe einen Metzger Schwein genannt.
Haben wird verurteilt. Begründung: kein
Schwein bringt ein Schwein wegen einer
Schweinerei um.

Aus „Berliner Lesebuch“



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Friedlich

Auf Hass mit Hass antworten
bewirkt höchstens Frieden
von Friedhöfen.



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Lauschig

Der Sommerabend ist licht. Die Luft, in der wir sitzen, stehen oder gehen, schlank. Ein leichter Wind mit Flaumflügeln aus Lavendelduft, lebensfreundlich für aufgeheizte Warmblütler. Aus den Gärten plätschert Frauenlachen, leichtlebige Fata Morgana des Juli. Von weit dröhnt nachhaltig eine Drohne, zeichnet unseren Herzschlag auf und unser Stirnrunzeln und unausgesprochene Gedanken verkörpern sich maschinell zu Sätzen. Seufzer aber oder Zähneknirschen werden Hausnummern der Gärten zugeordnet und gefilmt, wer die schwarzen Schatten der Drohnen foto- oder kartografiert.
Der Sommerabend ist licht. Und die Luft schlank?



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„Rechts und links verwechslich nich“

Es gärt in den EU-Ländern. Die Hefe: Absonderungen rechter Hirne. Auch in Deutschland, wo etliche Menschen jeglichen Alters, rechts und links verwechseln. Fragen Sie mal, wie Sie zur Post, dem Rathaus oder einer Parteizentrale kommen, sind Sie vom Glück verwöhnt, wenn die Befragten ihre Antwort mit einer Armbewegung unterstreichen. Falls sich Worte und Geste widersprechen, gehen Sie in die Richtung, die Ihnen der Arm zeigt. Zeigt er aber ausgestreckt schräg nach oben – dann suchen Sie flugs das Weite, denn diese Richtung führt, wie die Erfahrung lehrt, schnurstracks in die Hölle.



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Schönreden

Laut Spiegel sagt der Forscher Detlef Weigel:
„Bio kann die Welt nicht retten, und Europa wird bald in großem Stil Gentechnikpflanzen anbauen.“
Was das gebracht hat, wissen wir bereits: Selbstmorde von Bauern in Indien, weil der Anbau von Gentech-Reis sie ruiniert hat.
Durch die großen Mengen benutzter Gifte, kranke Anwohner und viele Missgeburte in Südamerika.
In den USA Missernten, weil das Unkraut gegen die Gifte immun ist und die Nutzpflanzen erstickt.

„Wissenschaft ohne Gewissen ist nichts als das Ergebnis einer ruinierten Psyche“ schrieb bereits der Schriftsteller und Arzt Rabelais.



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Washington – Ballern um Kopf und Kragen
                              oder
                          wer hat zuerst trump-etet

„Früher war die Zukunft auch besser.“
Karl Valentin

Viele US-Amerikaner beharren darauf, Waffen zu tragen. Viele weiße US-Amerikaner hätten Angst vor Überfremdung, vor Migranten. Das kann man nachvollziehen. Schließlich sind die meisten Weißen in den USA Nachfahren von Migranten, die eine große Zahl heimischer Indianer um Land und Leben gebracht und viele Schwarze in Ketten zwangsimmigriert haben.

Vielleicht ist das die Ursache, dass so viele Weiße in den USA sich an Handfeuerwaffen klammern. Sie haben einfach Angst vor einer verspäteten Retourkutsche heutiger Immigranten.

Europäer tendieren dazu, die damalige Zwangsintegrierung Schwarzer als 1. TTIP Amerikas mit Afrika zu werten. Und raten u.a. auch darum von TTIP mit den USA dringend ab.

 

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Klamm

Herr Fritz ging durch eine Fußgängerzone in Charlottenburg, vielleicht könnte sie auch in Sonstwo liegen. Ein Auto, auf dessen Dach sich ein riesiges Schwein breit gemacht hat, ein Schwein aus Plastik, parkte hier, wohl mit Erlaubnis. Veganer drückten den Passanten eine kleine Broschüre in die Hand. Herr Fritz warf einen Blick darauf und kommentierte: „Ihr kommt zu spät. Ich bin schon seit dreißig Jahren Vegetarier.“

Wenige Schritte weiter, auf einem Klapphocker, saß ein weißhaariger Musiker, sang einen Countrysong und begleitete sich auf der Gitarre. Die Musik veränderte den Gang mancher Passanten. Vor einem Eckladen ging ein Obdachloser auf und ab, er sieht immer aus wie frisch gewaschen, dachte Herr Fritz, er strahlt, vielleicht hat er ein paar Exemplare mehr als sonst von einer der Obdachlosenzeitungen verkauft. Herr Fritz nahm ein Exemplar und strebte zu einer Sparkassen-Filiale. Ein Obdachloser trieb sich vor dem Eingang rum, öffnete Herrn Fritz die Tür, als sei er mal Hotelportier gewesen.

Als Herr Fritz die Sparkasse verließ, drückte er dem selbsternannten Portier eine Münze in die Hand. Ein Pärchen Rucksacktouristen kreuzten seinen Weg, sie erzählten, sie seien etwas klamm. Herr Fritz drückte dem Sprecher die erstandene Obdachlosenzeitung in die Hand, betrat dann einen Buchladen und rollte mit der Rolltreppe in den zweiten Stock, sein Ziel die Cafeteria, wo er einen Tee bestellte. Er lagerte mit einer der ausliegenden Tageszeitungen in einem Sessel. Die Zunge meldete Alarm: der Tee ist noch zu heiß!, die Schlagzeile schlug zu, „Der kalte Krieg noch eisiger geworden.“ Herr Fritz fühlte sich ganz plötzlich fremd in seiner Haut.

Er faltete die Zeitung zusammen, packte sie in einen leeren Rucksack und rollte die Rolltreppe hinab zum Ausgang. Er fischte einen Zettel aus der Tasche, warf einen Blick darauf und eilte zu einem Lebensmittelladen, kaufte ein, verstaute die paar Waren in den Rucksack und vergaß beinahe zu zahlen. Er ging jetzt langsam, seltsam staksig – lehnte sich an eine Wand. Der Musiker auf seinem Hocker sang noch immer. Herr Fritz gelang ein bleiches Lächeln. Ihm kam es vor, als robbe er sich zurück zum Bahnhof. Er schalt sich, stell dich nicht so an. Eine Blumenverkäuferin streckte ihm einen Blumenstrauß zum Kauf entgegen, Musiker stimmten ihre Instrumente, stumme Bettler hockten hinter leeren Bechern, ein Betrunkener greinte und jemand saß wie geschrumpft, klein und still auf einem nackten Stein. Herr Fritz zog eine knautschige Börse aus der Tasche und leerte sie vor ihm.

Auf dem Bahnsteig wartet Herr Fritz, jetzt einer unter vielen, ihm wird von einem Mädchen, mager, mit hellroten Haaren, eine Obdachlosenzeitung angeboten.
„Ich bin doch kein Millionär!“
Herr Fritz erschrickt vor seinem eigenen Schrei. Ist irritiert. Er schaut auf, niemand hat den Kopf zu ihm gedreht. Das Mädchen mit dem roten Haar, in einem Frühlingskleid von vor zehn Jahren, sagt:
„Verzeihung.“
Herr Fritz steht da, schwindlig, mit weichen Knien echot er: „Verzeihung.“


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Bienenstich Umschlag

Verlegt

Einige wenige Exemplare meines zweiten Buchs, 1975 erschienen und beim Umzug des Verlages untergetaucht, wurden jetzt wieder entdeckt:

Bienenstich
Satiren
Atelier Handpresse Berlin

Nummerierte und signierte Auflage von 250 Exemplaren

(Für einen Einblick:
aufs Bild klicken.)

Eine Rarität
€ 16.– (beim Autor erhältlich)

 
 






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